Eine Frage der Auflösung – Single-Cell RNA Sequencing vs. Bulk RNA Sequencing

Die Einzelzell-RNA-Sequenzierung („single-cell RNA sequencing“) hat die Tür für viele neue Forschungsfragen und pharmazeutische Lösungen geöffnet. Doch was ist hier anders als bei früheren Ansätzen? Wir möchten die Grundlagen der Einzelzell-RNA-Sequenzierung erklären und ihre Unterschiede zum Standardansatz, der Sequenzierung der gesamten RNA einer Probe („bulk RNA sequencing“), aufzeigen.

Wenn wir an unseren Körper denken, scheinen die Zellen innerhalb eines bestimmten Gewebetyps auf den ersten Blick alle gleich zu sein. Angenommen, Sie nehmen eine Probe aus einem Gewebe. Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus dem Standardansatz und aus der Einzelzell-RNA-Sequenzierung ziehen? Abbildung 1 gibt hierauf eine Antwort: Sie zeigt, dass die Sequenzierung der gesamten DNA einer Probe das durchschnittliche Expressionsniveau einzelner Gene in allen Zellen der Probe wiedergibt. Allerdings haben die Zellen in den Proben oft unterschiedliche Funktionen und folglich auch völlig unterschiedliche Expressionsmuster. An dieser Stelle kommt die Einzelzell-RNA-Sequenzierung ins Spiel. Sie ermöglicht die Auflösung der Genexpression auf Einzelzellebene. So können Unterschiede zwischen den Zelltypen innerhalb einer Probe erkannt werden.

Der Unterschied zwischen der Standard RNA Sequenzierung und der Sequenzierung von Einzelzell-RNA.

Abbildung 1 | Der Unterschied zwischen der Standard RNA Sequenzierung und der Sequenzierung von Einzelzell-RNA.
Mit der Standard RNA Sequenzierung können die unterschiedlichen Expressionsmuster der Zellen nicht unterschieden werden. Die Einzelzell-RNA-Sequenzierung ermöglicht hingegen die Auflösung der Genexpression auf der Ebene einer einzelnen Zelle.

Aber wie funktioniert die Einzelzell-Sequenzieurung? Abbildung 2 gibt hierzu eine Übersicht. Bei der Einzelzell-RNA-Sequenzierung werden Mikrofluide zur Aufteilung der Zellen verwendet. Zusätzlich basiert die Methode auf sogenannten Gel-Beads, welche barcodierte Oligonukleotide enthalten. Im ChromiumTM X-Gerät werden diese Gel-Beads mit den Zellen der Probe und Enzymen kombiniert. Die auf einem mikrofluidischen Chipkanal dabei entstehenden Tröpfchen können als Reaktionsbläschen betrachtet werden. Diese Bläschen werden als Gel-Beads in Emulsion, kurz GEMs, bezeichnet. Im weiteren Prozess werden die GEMs mit den einzelnen Zellen lysiert. Innerhalb des GEM-Vesikels findet dann die protokollspezifische Enzymreaktion statt. Da die Reaktion innerhalb des GEM stattfindet, welches einen eindeutigen Barcode besitzt, wird jede entstehende cDNA eindeutigen markiert. Schließlich werden diese eindeutig markierten cDNAs in die Lösung freigesetzt und es entsteht ein Pool von cDNAs aus mehreren Zellen. Da jede Zelle ihren eigenen Barcode hat, kann jedes DNA-Fragment im Pool später zu ihrem Zellursprung zurücksortiert werden. Dies ermöglicht die Analyse der Proben auf Einzelzellebene. Die anschließende Vorbereitung der NGS-Librarys aus den barcodierten cDNAs kann für alle Nukleotide im Pool gleichzeitig durchgeführt werden.

Beispielhafter Arbeitsablauf für die Einzelzell-RNA-Sequenzierung mit dem ChromiumTM X-System.

Abbildung 2 | Beispielhafter Arbeitsablauf für die Einzelzell-RNA-Sequenzierung mit dem ChromiumTM X-System.

Beide Ansätze, die Einzelzell-RNA-Sequenzierung und die Standard RNA-Sequenzierung, haben ihre Stärken und Schwächen. Dies führt zu unterschiedlichen Anwendungsbereichen für jede Methode. Die Sequenzierung der gesamten RNA einer Probe ist weniger arbeitsintensiv und zeitaufwändig als die Einzelzell-RNA-Sequenzierung. Die Anwendungsbereiche sind recht vielfältig und umfassen den Nachweis von alternativem Spleißen und bisher unbekannten Transkripten sowie die Identifizierung neuer Biomarker für Krebserkrankungen und andere Krankheiten. Die erzielten Ergebnisse lassen sich jedoch nicht auf einen einzelnen Zelltyp innerhalb der Probe zurückführen. Die Stärke der Einzelzell-RNA-Sequenzierung besteht darin, dass sie die Untersuchung der Heterogenität einer Zellpopulation ermöglicht. Außerdem kann damit untersucht werden, wie Zelltypen miteinander interagieren, wie sich ihr Zustand unter verschiedenen Bedingungen ändert oder wie Zellen von einem Zustand in einen anderen übergehen. Allerdings ist die Methode wesentlich zeit- und kostenintensiver.

Folglich kommt die Einzelzell-RNA-Sequenzierung ins Spiel, wenn die Auswertungen von Expressionsmustern in Einzelzellauflösung erforderlich sind. Sowohl die Einzelzell-RNA-Sequenzierung als auch die Standard RNA-Sequenzierung bieten ein breites Spektrum an unterschiedlichen Methoden und Anwendungsgebieten.

Möchten Sie wissen, welche Methode am besten zu Ihrer Forschungsfrage passt? Wir helfen Ihnen gerne, dies herauszufinden.

31. Oktober 2024 | RNA, Sequenzierung |