Augenerkrankungen

Analyse aller Gene, die mit Augenerkrankungen assoziiert werden

Das Diagnostik-Panel für Augenerkrankungen umfasst eine breite Palette von monogenen Erkrankungen, die verschiedene Bereiche des Auges, den optischen Nerv und primäre Anlagestörungen des Auges betreffen. Es schließt auch syndromale Erkrankungen wie das Usher-, Bardet-Biedl-, Joubert-, Senior-Løken- und Stickler-Syndrom sowie syndromalen Albinismus ein. Die Feststellung einer Variation in einem mit diesen Erkrankungen assoziierten Gen kann die Diagnose abklären und ist wichtig für die Prognose des Krankheitsverlaufs und für die Familie. In manchen Fällen ermöglicht der Befund auch eine gezielte Behandlung der Krankheit.

Das Diagnostik-Panel für Augenerkrankungen basiert auf unserer hauseigenen, qualitativ hochwertigen ExomeXtra®-Anreicherung. Diese deckt alle proteinkodierenden Bereiche sowie intronische und intergenische Varianten ab, die in den Datenbanken HGMD und ClinVar als krankheitsrelevant beschrieben sind. Darüber hinaus ermöglicht die ExomeXtra®-Anreicherung ein genomweites CNV-Calling mit einer vergleichbaren diagnostischen Auflösung zu Array-CGH. Damit bietet es die ideale Grundlage für die genetische Diagnostik.

Sie sind in Deutschland versichert? Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Zentrum für Humangenetik Tübingen beraten Sie gerne!

Was wir Ihnen mit diesem Panel bieten

Updates

Die Genauswahl wird stets dem aktuellen Wissensstand angepasst

Flexibilität

Durch ExomeXtra® können Gensets unterschiedlicher Erkrankungen miteinander kombiniert werden

Umfangreicher Befund

Inklusive der ACMG-Kriterien, die zur Eingruppierung der Varianten führen

Höchste Qualität

Alle Schritte werden im eigenen Haus durchgeführt

Unser Versprechen an Sie

Schnelle Bearbeitung

2-4 Wochen nach Probeneingang

Sicherheit

Höchste Vertraulichkeit und Qualitätsstandards

Zuverlässigkeit

Rundum Betreuung bei jedem Schritt

Verständlichkeit

Übersichtlich aufbereiteter medizinischer Befund

Ihre Vorteile

Es ist möglich, ein einzelnes oder mehrere vordefinierte Gen-Sets anzufordern. Zusätzlich zur vollumfänglichen Analyse der Gene des angeforderten Gen-Sets erweitern wir die Analyse um zusätzliche Gene im Rahmen einer Differentialdiagnose. Wir berichten hier Varianten unklarer Signifikanz (ACMG Klasse 3) sowie pathogene und wahrscheinlich pathogene Varianten (ACMG Klassen 4 und 5) für das primär beauftragte Gen-Set. Bei den Genen, die aufgrund der Differentialdiagnose untersucht wurden, beschränken wir den Befund auf pathogene und wahrscheinlich pathogene Varianten (ACMG Klassen 4 und 5), die mit der Indikation der/des Ratsuchenden im Zusammenhang stehen könnten.

Das Panel für Augenerkrankungen basiert auf CeGaTs ExomeXtra®-Anreicherung. Es können, ohne zusätzliche Sequenzierung, auch phänotypisch in Frage kommende Gen-Sets anderer CeGaT-Panels oder einzelne Gene zusätzlich beauftragt werden. Falls Sie ein individuelles Panel zusammenstellen möchten, kontaktieren Sie uns. Wir unterstützen Sie gerne.

Neben dem primären Diagnostikauftrag kann zusätzlich die Beurteilung der ACMG-Gene, sowie die Erstellung eines pharmakogenetischen Profils beauftragt werden.

Methode

Die Anreicherung der kodierenden Bereiche, sowie der angrenzenden Intronbereiche erfolgt mit einer Hybridization-in-Solution-Technologie. Hierbei wird die Auswahl der anzureichernden Bereiche getroffen und die Anreicherungs-Baits designt. Die Hochdurchsatz-Sequenzierung wird auf unseren Illumina-Plattformen durchgeführt. Mittels hausinterner Computercluster werden die Daten bioinformatisch aufbereitet.

Anschließend wertet unser Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Fachärztinnen und Fachärzten für Humangenetik die Daten aus und erstellt einen medizinischen Befund.

Beispielbefund

Information: Der Beispielbefund Epilepsie und Hirnentwicklungsstörungen stellt exemplarisch dar, wie ein Befund aufgebaut ist.

Allgemeine Informationen

Material

  • 1–2 ml EDTA-Blut (empfohlene Probenart), oder
  • 1–2 µg genomische DNA
  • CeGaT-Einsendeformular inkl. schriftliche Einverständniserklärung nach GenDG

Hier finden Sie weitere Informationen zum sicheren Versand Ihrer Probe.

Kosten

Die Preise für unsere humangenetische Diagnostik sind abhängig von der Größe des gewählten Diagnostik-Panels sowie dem/den gewählten Gen-Set/s. Neben der Sequenzierung und der bioinformatischen Analyse ist auch die Erstellung eines medizinischen Befundes durch unser Expertenteam, bestehend aus Humangenetikerinnen und Humangenetikern sowie Diagnostikerinnen und Diagnostikern, im Preis enthalten.

Diagnostikablauf

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Beratung & Auswahl des Tests

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Probenentnahme & Probenversand

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Analyse der Probe

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Befundübermittlung & Beratung

Gen-Sets — Augenerkrankungen

Usher Syndrom (EYE01, 17 Gene)

ist im Einsendeformular für Schwerhörigkeit unter EAR05 gelistet.

Das Usher-Syndrom ist eine Kombination aus sensorineuraler Schwerhörigkeit und Netzhautdegeneration. Es ist die häufigste Ursache erblicher Blind-Taubheit und wird autosomal-rezessiv vererbt. Abhängig vom Beginn der Symptomatik und deren Progression wird das Usher-Syndrom in drei Typen eingeteilt, die sich auch bezüglich der zugrundeliegenden Gene unterscheiden. Typ 1 und Typ 2 machen zusammen 95 % der Fälle aus. Typ 1 ist mit einer beidseitigen hochgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit und einer fehlenden Gleichgewichtsfunktion verbunden. Ein mäßiger Hörverlust und eine normale vestibuläre Funktion sind charakteristisch für Typ 2. Typ 3 führt zu fortschreitendem Hörverlust und variabler vestibulärer Funktion. Die Netzhautdegeneration, die bei allen drei Typen auftritt, entspricht einer Retinitis pigmentosa: das erste Symptom ist Nachtblindheit und der Visusverlust beginnt in der Peripherie und schreitet nach zentral fort. Während die Visusminderung bislang nicht therapierbar ist, kann die Lautsprache mit einem Cochlea-Implantat früh genug erlernt bzw. das Sprachverstehen erhalten werden. Für eine ausführlichere Beschreibung des Usher-Syndroms sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Castiglione und Möller, 2022, PMID: 35076463.

Retinitis pigmentosa (EYE02, 116 Gene)

ABCA4, ABHD12, AGBL5, AHI1, AIPL1, AMACR, ARHGEF18, ARL2BP, ARL3, ARL6, BBS1, BBS2, BEST1, C1QTNF5, CA4, CACNA1F, CC2D2A, CDHR1, CEP290, CERKL, CFAP410, CFAP418, CHM, CLN3, CLRN1, CNGA1, CNGB1, CNGB3, COQ8B, CRB1, CRX, CWC27, CYP4V2, DHDDS, DHX38, EMC1, EYS, FAM161A, FLVCR1, GUCA1B, GUCY2D, HGSNAT, HK1, IDH3A, IDH3B, IFT140, IFT172, IMPDH1, IMPG1, IMPG2, INPP5E, KIAA1549, KIF3B, KIZ, KLHL7, LCA5, LRAT, MAK, MERTK, MFRP, MVK, NEUROD1, NMNAT1, NR2E3, NRL, OFD1, PCARE, PCDH15, PDE6A, PDE6B, PDE6G, POMGNT1, PRCD, PROM1, PRPF3, PRPF31, PRPF4, PRPF6, PRPF8, PRPH2, RAX2, RBP3, RBP4, RCBTB1, RDH11, RDH12, RDH5, REEP6, RGR, RHO, RLBP1, RP1, RP1L1, RP2, RPE65, RPGR, RPGRIP1, SAG, SCAPER, SEMA4A, SLC24A1, SLC37A3, SLC4A7, SLC7A14, SNRNP200, SPATA7, TBC1D32, TOPORS, TRNT1, TTC8, TUB, TULP1, USH2A, WDR19, ZNF408, ZNF513

Die Retinitis pigmentosa (RP) bezeichnet, anders als der Name vermuten lässt, eine heterogene Gruppe erblicher Netzhauterkrankungen nicht-entzündlicher Genese. Aufgrund der irreführenden Bezeichnung wird immer öfter der Begriff Retinopathia pigmentosa verwendet, der sich allerdings im englischen Sprachgebrach noch nicht durchgesetzt hat. Der progressive Visusverlust der Retinitis pigmentosa wird verursacht durch eine Degeneration der Stäbchen-Photorezeptorzellen, die sich in späteren Stadien auf die Zapfen-Photorezeptoren ausweitet. Charakteristisch ist eine im Jugendalter auftretende Nachtblindheit. Mit fortschreitender Erkrankung beginnt der Visusverlust zunächst im peripheren Gesichtsfeld und weitet sich immer mehr aus, wobei das zentrale Gesichtsfeld bis zum Endstadium erhalten bleibt (sogenannter Tunnelblick). Eine vollständige Erblindung ist eher selten. Die klassische klinische Trias der Retinitis pigmentosa besteht aus einer Verengung der Netzhautgefäße, retinalen Pigmentveränderungen (sogenannten Knochenkörperchen) und einer wachsartigen Blässe der Papille. Die Erkrankung ist überwiegend bilateral und in hohem Maße symmetrisch. Eine unilaterale Retinitis pigmentosa hat fast immer nicht-genetische Ursachen wie etwa Entzündungsreaktionen (z. B. Uveitis), Virusinfektionen (z. B. Röteln) oder Intoxikationen (z. B. Chloroquin). Als okuläre Begleitsymptome einer Retinitis pigmentosa können eine subkapsuläre Katarakt, zystische Makulaödeme sowie Myopie auftreten. Der Schweregrad der RP wird teilweise auch durch den Vererbungsmodus bestimmt: X-chromosomale Fälle haben den schwersten Verlauf, autosomal-rezessive und sporadische Fälle zeigen einen mittelschweren Verlauf. Den günstigsten Verlauf haben autosomal-dominant vererbte Fälle, mit einem vergleichsweise späteren Beginn und einer langsameren Progression. Neben den isolierten Formen tritt eine Retinitis pigmentosa auch in einer Reihe von Syndromen auf, beispielsweise beim Usher- oder Bardet-Biedl-Syndrom. Für eine ausführlichere Beschreibung der Retinitis pigmentosa sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Fahim et al., aktualisiert 2023, PMID: 20301590, GeneReviews.

Achromatopsie (EYE04, 7 Gene)

ATF6, CNGA3, CNGB3, CNNM4, GNAT2, PDE6C, PDE6H

Achromatopsie ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Netzhauterkrankung, der eine gestörte Funktion der Zapfen-Photorezeptoren zugrunde liegt. Die Erkrankung wird auch als Stäbchenmonochromasie bezeichnet, weil die Stäbchen-Photorezeptoren bei dieser Erkrankung nicht betroffen sind. Die Elektroretinographie ist daher der Goldstandard für die Diagnose der Achromatopsie. Die Zapfenfunktion zeigt sich hier stark oder vollständig beeinträchtigt, während die Stäbchenfunktion normal ist. Die Symptome der Erkrankung manifestieren sich bereits im frühesten Kindesalter und umfassen eine ausgeprägte Lichtempfindlichkeit, Nystagmus, eine stark reduzierte Sehschärfe und die Unfähigkeit, Farben zu unterscheiden. Bislang wurden sechs ursächliche Gene identifiziert, wovon fünf Bestandteile der Zapfen-Phototransduktionskaskade kodieren. Am häufigsten ist das Gen CNGB3 betroffen, gefolgt von CNGA3. Pathogene Varianten in den Genen PDE6C, PDE6H, GNAT2 und ATF6 sind wesentlich seltener die Ursache einer Achromatopsie. Für eine ausführlichere Beschreibung der Achromatopsie sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Kohl et al., aktualisiert 2018, PMID: 20301591, GeneReviews.

Bardet-Biedl Syndrom (EYE05)

ist im Einsendeformular für Ziliopathien unter CIL03 gelistet.

Das autosomal-rezessiv vererbte Bardet-Biedl-Syndrom (BBS), historisch auch als Laurence-Moon-Syndrom bezeichnet, zählt zu den Ziliopathien und ist nach dem Usher-Syndrom die zweithäufigste Ursache einer syndromalen Netzhautdegeneration. Der klinische Phänotyp ist hochvariabel. Zu den häufigsten Symptomen zählen Zapfen-Stäbchen-Dystrophie, Adipositas, postaxiale Polydaktylie, Intelligenzminderung, hypogonadotroper Hypogonadismus und Nierenerkrankungen. Weniger häufige Symptome umfassen unter anderem Ataxie, kraniofaziale Anomalien, Hypo-/Mikrodontie, und Anosmie/Hyposmie. Eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie tritt bei fast allen Betroffenen im ersten Lebensjahrzent auf und ist, abgesehen von der Polydaktylie, gewöhnlich das erste diagnostizierte Symptom. Die Degeneration der Photorezeptoren schreitet rasch fort und führt oft zu einer völligen Erblindung im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt. Differentialdiagnostisch ist das BBS abzugrenzen vom Alström-Syndrom, bei dem keine Polydaktylie vorliegt, sowie vom Joubert-Syndrom, welches durch eine pathognomonische Kleinhirnwurm-Aplasie gekennzeichnet ist, die sich im MRT als sogenanntes „Molar Tooth Sign“ darstellt. Für eine ausführlichere Beschreibung des Bardet-Biedl-Syndroms sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Forsyth und Gunay-Aygun, aktualisiert 2023, PMID: 20301537, GeneReviews.

Kongenitale stationäre Nachtblindheit (EYE06, 18 Gene)

CABP4, CACNA1F, CHM, GNAT1, GNB3, GPR179, GRK1, GRM6, GUCY2D, LRIT3, NYX, PDE6B, RBP4, RIMS2, RLBP1, SAG, SLC24A1, TRPM1

Bei der kongenitalen stationären Nachtblindheit (CSNB) handelt es sich um eine klinisch und genetisch unterscheidbare Gruppe von nicht-progressiven Netzhauterkrankungen. Ursache ist eine Fehlfunktion des Stäbchen-Photorezeptorsystems. Das primäre Symptom ist Nachtblindheit (Nyktalopie), die aber nicht von allen Betroffenen wahrgenommen wird. Weitere klinische Merkmale können Myopie, Hyperopie, Strabismus, Nystagmus und eine Visusminderung sein. Die zugrundeliegenden Erbgänge können autosomal-dominant, autosomal-rezessiv sowie X-chromosomal sein. Mittels Elektroretinogramm (ERG) können komplette (cCSNB) und inkomplette Formen (iCSNB) unterschieden werden: Bei den kompletten Formen fehlt die Stäbchen-Antwort komplett, wohingegen die inkompletten Formen eine partielle Stäbchen-Antwort zeigen. Eine Zuordnung zu den einzelnen Unterformen ist auch anhand des Augenhintergrundes (Fundus) möglich: Die CSNB vom Typ Schubert-Bornstein (normale bis subnormale Amplitude der a-Welle im ERG) und vom Typ Riggs (verringerte Amplitude der a-Welle) zeichnen sich durch einen normalen Fundus aus. Beim Fundus albipunctatus hingegen sind zahlreiche kleine gelblich-weiße Netzhautläsionen auf der kompletten Netzhaut mit Ausnahme der Fovea sichtbar. Beim Oguchi-Syndrom zeigt sich das Mizuo-Nakamura-Phänomen: Der Fundus weist eine goldgelbe Färbung auf, die nach mehrstündiger Dunkeladaptation verschwindet und unter Licht wiederkehrt. Für eine ausführlichere Beschreibung der CSNB sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Zeitz et al., 2015, PMID: 25307992.

Joubert-Syndrom (EYE07)

ist im Einsendeformular für Epilepsie & Hirnentwicklungsstörungen unter BRN07 gelistet.

Das Joubert-Syndrom ist eine Ziliopathie, die meist autosomal-rezessiv und in seltenen Fällen X-chromosomal vererbt wird. Charakteristisch ist eine Aplasie des Kleinhirnwurms, die sich im MRT als sogenanntes „Molar Tooth Sign“ darstellt. Bereits im Neugeborenenalter treten ein abnormales Atemmuster, Nystagmus und Hypotonie auf. Während sich die Atmung im Laufe der Entwicklung wieder normalisiert, entwickelt sich im Kleinkindalter eine Ataxie und das Erlernen motorischer Meilensteine ist häufig verzögert. Zu den weniger häufigen Symptomen zählen Netzhautdystrophie, okuläre Kolobome, Nierenerkrankungen, okzipitale Enzephalozele, Leberfibrose, Polydaktylie und orale Hamartome. Die Netzhautdystrophie, die in bis zu einem Drittel der Betroffenen diagnostiziert wird, gleicht meist einer Retinitis pigmentosa oder, seltener, einer Leber´schen kongenitalen Amaurose. Für eine ausführlichere Beschreibung des Joubert-Syndroms sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Parisi und Glass, aktualisiert 2017, PMID: 20301500, GeneReviews.

Leber‘sche kongenitale Amaurose (EYE08, 24 Gene)

AIPL1, ALMS1, CEP290, CRB1, CRX, GUCY2D, IFT140, IMPDH1, INPP5E, IQCB1, KCNJ13, LCA5, LRAT, MERTK, NMNAT1, PROM1, PRPH2, RD3, RDH12, RPE65, RPGRIP1, SPATA7, TULP1, USP45

Die Leber´sche kongenitale Amaurose (LCA) bezeichnet eine heterogene Gruppe von schweren frühkindlichen Netzhautdystrophien. Zusammen mit der sogenannten „early-onset severe retinal dystrophy“ (EOSRD) ist die LCA die schwerste der früh einsetzenden Formen aller erblichen Netzhauterkrankungen. Die LCA ist angeboren oder tritt in den ersten Lebensmonaten auf und ist durch folgende Symptome gekennzeichnet: progrediente Visusminderung bis hin zur Erblindung, verzögerter oder aufgehobener Pupillenreflex und Nystagmus. Ein bestimmtes Verhalten betroffener Kinder, das sogenannte okulodigitale Phänomen, ist charakteristisch für die Leber´sche kongenitale Amaurose. Durch Druck auf die Augen mit den Fingern oder Fingerknöcheln provozieren die Kinder Lichtblitze (Phosphene), um ihr Gehirn zu stimulieren. Der zugrundeliegende Erbgang der LCA ist autosomal-rezessiv. Zu den am häufigsten betroffenen Genen zählen CEP290, CRB1 und RPE65. Für letzteres Gen existiert eine Gensupplementationstherapie in Form des Wirkstoffes Voretigen Neparvovec (Handelsname Luxturna®). Während eine Heilung durch diese Gentherapie nicht erzielt werden kann, wird der Visusverlust verzögert. Voraussetzung für eine Behandlung ist eine genetisch gesicherte Diagnose biallelischer pathogener RPE65-Varianten sowie eine ausreichende Anzahl lebensfähiger Netzhautzellen. Für eine ausführlichere Beschreibung der LCA/EOSRD sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Kumaran et al., aktualisiert 2023, PMID: 30285347, GeneReviews.

Senior-Loken-Syndrom (EYE11)

ist im Einsendeformular für Ziliopathien unter CIL04 gelistet.

Das Senior-Loken-Syndrom ist eine autosomal-rezessiv vererbte okulo-renale Ziliopathie, die durch die Kombination von Nephronophthise und Netzhautdystrophie gekennzeichnet ist. Die Nephronophthise manifestiert sich bereits nach der Geburt oder im Kindesalter. Das Fortschreiten der Krankheit kann zu akuter oder chronischer Niereninsuffizienz und schließlich zur terminalen Niereninsuffizienz führen. Die Netzhautdystrophie kann in ihrer schweren Verlaufsform einer Leber´schen kongenitalen Amaurose entsprechen, die bereits im frühen Säuglingsalter auftritt und zu einem ausgeprägten Visusverlust mit Nystagmus und abgeschwächten Pupillenreaktionen führt. Die mildere Verlaufsform hingegen entspricht einer tapeto-retinalen Degeneration mit stark eingeschränktem Gesichtsfeld und Nachtblindheit. Ob sich der renale oder der okuläre Phänotyp zuerst manifestiert, ist stark vom zugrundeliegenden Gendefekt abhängig: Patienten mit pathogenen Varianten in CEP290 oder IQCB1 weisen in der Regel schon früh eine Retinopathie auf, während Patienten mit pathogenen Varianten in INVS, NPHP3 oder NPHP4 zuerst eine Nephronophthise entwickeln. Differentialdiagnostisch ist das Senior-Loken-Syndrom von anderen Nephronophthise-assoziierten Ziliopathien wie Bardet-Biedl-, Joubert- und Jeune-Syndrom abzugrenzen. Für eine ausführliche Beschreibung der Nephronophthise-assoziierte Ziliopathien sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Stokman et al., aktualisiert 2023, PMID: 27336129, GeneReviews.

Morbus Stargardt und Makula-Dystrophien (EYE12, 25 Gene)

ABCA4, BEST1, C1QTNF5, CDH3, CDHR1, CFH, CLEC3B, CNGB3, CRB1, CRX, CTNNA1, DRAM2, EFEMP1, ELOVL4, GUCA1A, IMPG1, IMPG2, IRX1, MFSD8, PRDM13, PROM1, PRPH2, RP1L1, SAMD7, TIMP3

Makula-Dystrophien führen bereits in den Anfangsstadien zu einer Visusminderung, da die Makula die höchste Dichte an Zapfen-Photorezeptorzellen in der gesamten Netzhaut aufweist und damit die Stelle des schärfsten Sehens bildet. Makula-Dystrophien führen daher zu einer erheblichen zentralen Sehschärfenminderung, nicht aber zur völligen Erblindung, da das periphere Gesichtsfeld erhalten bleibt. Die häufigste Makula-Dystrophie ist der Morbus Stargardt, der aufgrund der charakteristischen fleckigen Gelbfärbung der Netzhaut oft auch als Fundus flavimaculatus bezeichnet wird. Der Erkrankungsbeginn liegt meist in der ersten oder zweiten Dekade. Der Erbgang ist abhängig vom ursächlichem Gendefekt meist autosomal-rezessiv (ABCA4) oder in seltenen Fällen autosomal-dominant (ELOVL4, PROM1). Eine weitere differentialdiagnostisch gut abgrenzbare Form der Makula-Dystrophie ist der Morbus Best, der wie der Morbus Stargardt oftmals bereits im Kindesalter beginnt und in den Anfangsstadien typischerweise eine Eidotter-ähnliche Läsion der Makula zeigt und deshalb auch als vitelliforme Makula-Dystrophie bezeichnet wird. Der Morbus Best, der durch pathogene Varianten im Gen BEST1 hervorgerufen wird, folgt einem autosomal-dominanten Erbgang. Davon abzugrenzen sind biallelische pathogene Varianten im BEST1-Gen, die zu einer autosomal-rezessiven Bestrophinopathie führen, bei der anstelle der vitelliformen Ablagerungen im Bereich der Makula multiple gelbliche Läsionen in der Peripherie sichtbar sind. Zu den seltenen Makula-Dystrophien, die sich ebenfalls durch ein charakteristisches Fundusbild auszeichnen, zählen unter anderem die North Carolina Makula-Dystrophie (PRDM13), die Doyne Honigwaben Dystrophie (EFEMP1), sowie die Sorsby Fundusdystrophie (TIMP3). Für eine ausführlichere Beschreibung der Makula-Dystrophien sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Raimondi et al., 2023, PMID: 37298674.

Zapfen- und Zapfen-Stäbchen-Dystrophien (EYE13, 48 Gene)

ABCA4, ADAM9, AIPL1, ALMS1, BEST1, CABP4, CACNA1F, CACNA2D4, CDHR1, CEP250, CEP290, CEP78, CERKL, CFAP410, CFAP418, CNGA3, CNGB3, CNNM4, CRB1, CRX, DRAM2, GNAT2, GUCA1A, GUCY2D, INPP5E, KCNV2, NMNAT1, PCARE, PDE6C, PDE6H, PITPNM3, POC1B, PROM1, PRPH2, RAB28, RAX2, RDH12, RGS9, RGS9BP, RIMS1, RIMS2, RPGR, RPGRIP1, SEMA4A, TLCD3B, TTLL5, UBAP1L, UNC119

Erstes Kennzeichen einer Zapfen-Dystrophie und einer Zapfen-Stäbchen-Dystrophie sind Funktionsstörungen der Netzhautmitte. Hierzu zählen insbesondere Lichtempfindlichkeit, progressive Visusminderung und zentrale Gesichtsfeldausfälle. Zu den weiteren Symptomen zählen Schwierigkeiten bei der Farbdiskriminierung und bei der Anpassung an wechselnde Lichtverhältnisse. Weiterhin können Fehlsichtigkeiten (Myopie, Hyperopie) sowie Strabismus auftreten. Der Krankheitsbeginn liegt meist in den ersten beiden Lebensjahrzehnten, es sind jedoch auch Erstmanifestationen ab dem 50. Lebensjahr möglich. Ob eine Zapfen-Dystrophie in eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie übergeht, kann erst nach langer Verlaufsbeobachtung festgestellt werden. Auch die Abgrenzung von einer Makula-Dystrophie ist erschwert und in den Anfangsstadien nur mittels Ganzfeld-Elektroretinographie möglich. Für eine ausführlichere Beschreibung der Zapfen- und Zapfen-Stäbchen-Dystrophien sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Gill et al., 2019, PMID: 30679166.

Flecked Retina Erkrankungen (EYE14, 16 Gene)

ABCA4, CHM, CYP4V2, EFEMP1, ELOVL4, KCNJ13, LRAT, OAT, PLA2G5, PRPH2, RDH5, RHO, RLBP1, RPE65, TEAD1, VPS13B

Flecked Retina Erkrankungen bezeichnen eine Gruppe von Netzhauterkrankungen, die durch multiple retinale Läsionen unterschiedlicher Größe und Konfiguration gekennzeichnet sind. Sie können stationär oder progressiv verlaufen und sind in ihrer klinischen Ausprägung sehr unterschiedlich. Die benigne flecked Retina ist durch einen asymptomatischen Phänotyp mit normaler Sehfunktion gekennzeichnet, da die Netzhautläsionen die Fovea aussparen. Im Gegensatz dazu manifestiert sich der Fundus Albipunctatus in der Kindheit mit nicht-progressiver Nachtblindheit und verlängerten Zapfen- und Stäbchenadaptationszeiten in der Elektroretinographie. Wenn die Läsionen die Makula betreffen, kann die zentrale Sehschärfe mit dem Alter abnehmen. Der Fundus Albipunctatus kann autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant vererbt werden. Der Fundus Flavimaculatus bildet ein Kontinuum mit dem Morbus Stargardt. Im Vergleich zum Morbus Stargardt manifestiert sich ein Fundus Flavimaculatus später und schreitet langsamer voran. Mit der Zeit kann die Sehschärfe abnehmen und es können sich Farbsehstörungen entwickeln. Der Vererbungsmodus kann autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant sein. Die Bietti kristalline Dystrophie zeigt im Fundus zahlreiche kleine, gelblich-weiß schimmernde Kristalle, die sich über den gesamten hinteren Pol ziehen und zu einer Degeneration des retinalen Pigmentepithels, einer Sklerose der Aderhautgefäße und einem anschließenden Sehverlust führen. Häufig ist eine ausgeprägte Asymmetrie zwischen den Augen zu beobachten. Die Bietti kristalline Dystrophie wird ausschließlich durch biallelische pathogene Varianten im Gen CYP4V2 verursacht. Der Fundus von Aderhautdystrophien weist ebenfalls ein fleckiges Aussehen auf, da eine Atrophie der Netzhaut, der Aderhaut und des retinalen Pigmentepithels zu einer Freilegung der darunter liegenden Sklera führt. Zu den Aderhautdysrophien gehört z. B. die Choroideremie, die aufgrund des X-chromosomalen Erbgangs (CHM-Gen) vorwiegend Männer betrifft. Das zentrale Sehvermögen bleibt in der Regel bis zum fünften Lebensjahrzehnt intakt. Danach kommt es bei den meisten Patienten zu einer raschen Verschlechterung der Sehschärfe.

Vitreoretinopathien (Familiäre exsudative Vitreoretinopathie/Wagner Syndrom/Norrie Syndrom/Knobloch Syndrom) (EYE15, 21 Gene)

ATOH7, BEST1, CAPN5, COL18A1, COL2A1, CTNNA1, CTNNB1, FZD4, JAG1, KCNJ13, KIF11, LRP5, NDP, NR2E3, P3H2, RCBTB1, RS1, SNX31, TSPAN12, VCAN, ZNF408

Erbliche Vitreoretinopathien sind durch eine pathologische Glaskörperarchitektur und assoziierte Netzhautveränderungen gekennzeichnet. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Netzhautablösungen, die bereits im Kindesalter und bei jungen Erwachsenen auftreten können. Die häufigste erbliche Vitreoretinopathie mit ausschließlich okulärer Symptomatik ist die familiäre exsudative Vitreoretinopathie (FEVR), die durch eine Avaskularität im temporalen Bereich der Retinaperipherie mit nachfolgender Neovaskularisation gekennzeichnet ist und entweder autosomal-dominant (FZD4-Gen und TSPAN12-Gen) oder autosomal-rezessiv vererbt wird (LRP5-Gen und NDP-Gen). Eine Visusminderung ist meist nur in der Peripherie festzustellen, allerdings ist das Risiko einer Netzhautablösung erhöht. Weitaus seltener ist das Wagner-Syndrom, das autosomal-dominant vererbt wird und ausschließlich auf pathogene Varianten im VCAN-Gen zurückzuführen ist. Morphologisch zeigen sich ein optisch leerer Glaskörperraum und eine Netzhaut-Aderhautdystrophie. Die Erkrankung manifestiert sich im Jugendalter mit moderater Myopie und progressiver Visusminderung. Weiterhin kann eine Katarakt auftreten. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen entwickelt sich ein sekundäres Weitwinkelglaukom. Eine Reihe von Syndromen weist eine Vitreoretinopathie mit zusätzlicher systemischer Beteiligung auf, von der das Stickler-Syndrom das häufigste ist (siehe Panel CTD01). Das autosomal-rezessiv vererbte Knobloch-Syndrom wird durch pathogene Varianten im COL18A1-Gen hervorgerufen und ist charakterisiert durch eine sehr früh einsetzende schwere Myopie, eine vitreoretinale Degeneration mit Netzhautablösung, Makulaanomalien und eine okzipitale Enzephalozele. Das X-chromosomal-rezessiv vererbte Norrie-Syndrom entsteht aufgrund pathogener Varianten im NDP-Gen und manifestiert sich in kongenitaler Blindheit. Charakteristisch ist eine bilaterale pseudogliomatöse Hyperplasie der Retina. Häufig treten auch sensorineurale Schwerhörigkeit und Entwicklungsverzögerung, Intelligenzminderung und/oder Verhaltensstörungen auf. Die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen ist männlich. Nur in sehr seltenen Fällen zeigen Überträgerinnen eine Visusminderung oder eine leichte sensorineurale Schwerhörigkeit. Für eine ausführlichere Beschreibung der erblichen Vitreoretinopathien sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Ghoraba et al., 2025, PMID: 39837650.

Stickler-Syndrom (EYE16)

ist im Einsendeformular für Bindegewebserkrankungen unter CTD01 gelistet.

Das Stickler-Syndrom ist eine Arthro-Ophthalmopathie und durch okuläre Symptome wie juvenile Katarakt, hochgradige Myopie (> -3 dpt), Strabismus, vitreoretinale oder chorioretinale Degeneration, Netzhautablösung und chronische Uveitis gekennzeichnet. Zu den extraokulären Symptomen zählen Gaumenspalte (isoliert oder im Rahmen einer Pierre-Robin-Sequenz), sensorineurale Schwerhörigkeit (teils mit Schallleitungsschwerhörigkeit), überstreckbare Gelenke mit nachfolgenden arthritischen Veränderungen, Platyspondylie, und dysplastische Epiphysen. Die bislang mit dem Stickler-Syndrom assoziierten Gene kodieren alle für Bestandteile von Kollagenfasern. Der zugrundeliegende Erbgang ist überwiegend autosomal-dominant (COL2A1-Gen, COL11A1-Gen, COL11A2-Gen), sehr selten autosomal-rezessiv (COL9A1-Gen, COL9A2-Gen, COL9A3-Gen). Die Mehrzahl der Fälle ist durch pathogene Varianten im COL2A1-Gen bedingt. Während Linsenluxationen beim Stickler-Syndrom eher selten auftreten, ist das Risiko einer Netzhautablösung deutlich erhöht und erfordert gegebenenfalls chirurgische Maßnahmen. Da die Dysmorphiezeichen sehr mild sein können, gilt das Stickler-Syndrom als unterdiagnostiziert. Bei scheinbar isolierter juveniler Myopie und Katarakt ist daher differentialdiagnostisch immer an das Stickler-Syndrom zu denken. Für eine ausführlichere Beschreibung des Stickler-Syndroms sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Mortier, aktualisiert 2023, PMID: 20301479, GeneReviews.

Optikusatrophie und Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (EYE17, 33 Gene)

ACO2, AFG3L2, ANTXR1, ATP1A3, CISD2, DNAJC30, DNM1L, FA2H, FDXR, KLC2, MCAT, MECR, MFN2, MIEF1, MT-ND1, MT-ND4, MT-ND6, MTRFR, NDUFA12, NDUFS2, NR2F1, OPA1, OPA3, RTN4IP1, SLC25A46, SLC52A2, SNF8, SPG7, SSBP1, TIMM8A, TMEM126A, UCHL1, WFS1

Erbliche Optikusneuropathien führen zu einem fortschreitenden Verlust von retinalen Ganglienzellen und ihrer Axone, die den Sehnerv bilden. Dies führt zu Beeinträchtigungen der Sehschärfe, des zentralen Gesichtsfelds und der Farbdiskriminierung – bei letzterer ist ein Protandefekt charakteristisch. Typisch ist auch eine blass erscheinende Papille. Unter den erblichen Optikusneuropathien sind die Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (LHON) und die autosomal-dominante Optikusatrophie (DOA) die beiden häufigsten Erkrankungen, die in der klinischen Praxis gesehen werden. Typisch für LHON ist ein plötzlicher und zunächst einseitiger Visusabfall, der vor allem bei jungen Männern auftritt. Eine Visusminderung des anderen Auges setzt meist innerhalb weniger Wochen ein. Bei der DOA ist die Visusminderung in der Regel beidseitig und setzt meist schon im Kindesalter ein. Die Familienanamnese bei DOA ist in der Regel positiv im Sinne eines autosomal-dominanten Erbgangs, jedoch kann die Penetranz reduziert sein. Drei Varianten in der mitochondrialen DNA sind für etwa 95 % aller Fälle von LHON verantwortlich, während etwa 70 % der DOA-Fälle pathogene Varianten im OPA1-Gen aufweisen. In etwa 20 % der DOA-Fälle tritt eine extraokuläre Symptomatik in Form von sensorineuraler Schwerhörigkeit, Myopathie, chronisch progressiver externer Ophthalmoplegie, Ataxie und peripherer Neuropathie auf. Dieses Krankheitsbild wird auch als DOA plus bezeichnet. Während für die DOA bislang keine Therapieoption existiert, tritt bei LHON-Fällen in manchen Fällen eine Besserung oder sogar eine vollständige Remission ein, wenn rechtzeitig nach Diagnosestellung eine Behandlung mit dem Antioxidans Idebenon (Handelsname Raxone®) erfolgt. Für eine ausführlichere Beschreibung der erblichen Optikusneuropathien sei auf folgende Review-Artikel verwiesen: Yu-Wai-Man und Chinnery, aktualisiert 2021, PMID: 20301353, GeneReviews und Lenaers et al., 2021, PMID: 33340656.

Okulärer und okulokutaner Albinismus (EYE18)

ist im Einsendeformular für Hauterkrankungen unter DRM01 gelistet.

Albinismus wird unterteilt in die okuläre (OA) und die okulokutane Form (OCA). Der OA ist gekennzeichnet durch einen vollständigen oder partiellen Melaninverlust in den Augen. Beim OCA betrifft der Melaninverlust außerdem noch Haut und Haarfollikel. Davon abzugrenzen sind syndromale Formen des okulokutanen Albinismus, die häufig mit neurologischen Symptomen und Immundefekten einhergehen (siehe Panel EYE19). Der OA wird X-chromosomal vererbt, wohingegen der OCA einem autosomal-rezessiven Erbgang folgt. Typische okuläre Symptome bei beiden Formen sind ein hypopigmentierter Fundus und eine vermehrte Irisdurchleuchtbarkeit, die häufig auch bei weiblichen Merkmalsträgerinnen vorkommen. Die meisten Betroffenen haben einen Nystagmus und zeigen eine foveale Hypoplasie, die je nach Ausmaß zu einer reduzierten Sehschärfe führt. Das Ausmaß der Hypopigmentierung von Haut und Haaren beim OCA ist ausgesprochen variabel und kann sich im Laufe der Zeit verändern. Das Risiko von akuten und chronischen UV-Schädigungen ist in jedem Fall erhöht, so dass ein konsequenter UV-Schutz und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen anzuraten sind. Für eine ausführlichere Beschreibung des okulären und okulokutanen Albinismus sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Thomas et al., 2023, PMID: 37053367, GeneReviews.

Syndromaler Albinismus (Hermansky-Pudlak/Waardenburg/Vici/Griscelli/Chediak-Higashi) (EYE19)

ist im Einsendeformular für Hauterkrankungen unter DRM02 gelistet.

Ein okulokutaner Albinismus (siehe Panel DRM01) kann im Rahmen einiger seltener Syndrome auftreten, die mit Infektanfälligkeit, Blutungsneigung sowie einer neurologischen Symptomatik einhergehen. Dazu zählt insbesondere das autosomal-rezessiv vererbte Hermansky-Pudlak-Syndrom, welches durch die Trias aus okulokutanem Albinismus, Blutungsneigung und lysosomaler Akkumulation von Ceroid-Lipofuszin gekennzeichnet ist. Charakteristisch sind außerdem eine Neutropenie, häufige Infekte sowie eine erhöhte Inzidenz maligner Lymphome. Die auffälligsten Symptome des Waardenburg-Syndroms, die aber nicht in allen Fällen und nicht notwendigerweise gemeinsam auftreten, sind eine weiße Stirnlocke, verschiedenfarbige Iriden und Vitiligo. Manche Fälle weisen auch eine Dystopia canthorum, also eine laterale Verlagerung der inneren Augenwinkel auf. Sehr häufig tritt beim Waardenburg-Syndrom hingegen eine angeborene und nicht-progrediente sensorineurale Schwerhörigkeit auf. Der Erbgang kann sowohl autosomal-dominant als auch autosomal-rezessiv sein. Charakteristisch für das autosomal-rezessiv vererbte Griscelli-Syndrom sind ein blasser Hautkolorit und silbergraue Haare. In manchen Fällen treten zusätzlich eine Hepatosplenomegalie, Neutropenie und Thrombopenie auf. Ebenfalls autosomal-rezessiv wird das Chediak-Higashi-Syndrom vererbt, welches gekennzeichnet ist durch partiellen okulokutanen Albinismus, Immundefizienz, eine leichte Blutungsneigung und neurologische Manifestationen, die im späten Jugend- oder Erwachsenenalter auftreten. Pathognomonisches Merkmal des Chediak-Higashi-Syndroms sind riesige azurophile Granula im peripheren Blutausstrich. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko an einer hämophagozytischen Lymphohistiozytose zu erkranken. Für eine ausführlichere Beschreibung des syndromalen Albinismus sei auf folgende Review-Artikel verwiesen: Introne et al., aktualisiert 2023, PMID: 20301464, GeneReviews; Milunsky, aktualisiert 2022, PMID: 20301703, GeneReviews; Toro et al., aktualisiert 2023, PMID: 20301751, GeneReviews.

Okuläre Fehlbildungen (Mikrophthalmie/Anophthalmie/Nanophthalmie/Kolobom) (EYE20, 43 Gene)

ABCB6, ALDH1A3, ATOH7, BCOR, BEST1, BMP4, CHD7, COL4A1, CRB1, FOXE3, FOXL2, FREM1, FREM2, FZD5, GDF3, GDF6, HCCS, HMX1, MAB21L2, MFRP, MYRF, NAA10, NDP, OTX2, PAX2, PAX6, PIGL, PRR12, PRSS56, PXDN, RARB, RAX, RBP4, SHH, SIX6, SMOC1, SOX2, STRA6, TENM3, TMEM98, VAX1, VSX2, YAP1

Die kongenitale Anophthalmie, also das vollständige Fehlen des Augapfels, tritt bei mehr als 50 verschiedenen Syndromen auf. Auch die Mikrophthalmie, die durch ein hypoplastisches Auge gekennzeichnet ist und die Nanophthalmie, die ein kleines Auge mit einer stark verkürzten Achsenlänge bezeichnet, werden häufig von anderen Symptomen begleitet, einschließlich extraokulärer Symptome. Ein okuläres Kolobom ist eine Spaltbildung im Bereich des Auges. Je nach Ausprägung sind von der Spaltbildung nur ein Teil oder auch mehrere Teile des Auges betroffen, etwa Iris, Linse, Netz -oder Aderhaut. Zu den Syndromen, bei denen häufig eine Anophthalmie/Mikrophthalmie oder ein Kolobom auftreten, gehören beispielsweise das Pätau-Syndrom, das Fraser-Syndrom und das CHARGE-Syndrom. In manchen Fällen können die strukturellen Entwicklungsdefekte des Auges auch isoliert ohne systemische Anomalien auftreten: Der Mikrophthalmie-Anophthalmie-Kolobom-Komplex (MAC) umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, die durch eine variable Kombination von Anophthalmie, Mikrophthalmie und okulärem Kolobom gekennzeichnet ist. Aufgrund der genetischen Heterogenität können die zugrundeliegenden Erbgänge autosomal-dominant, autosomal-rezessiv oder X-chromosomal sein. Zu den nicht-genetischen Ursachen einer Mikrophthalmie zählen Infektionen (z. B. mit Röteln oder Toxoplasmose), Rauchen, vermehrter Alkoholkonsum und die Einnahme teratogener Medikamente während der Schwangerschaft. Für eine ausführlichere Beschreibung okulärer Malformationen sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Guarnera et al., 2024, PMID: 38322500.

Katarakt (EYE21, 82 Gene)

ABHD12, ADAMTSL4, AGK, ALDH18A1, ARPC4, BCOR, BFSP1, BFSP2, CHMP4B, CLPB, COL18A1, COL4A1, CRYAA, CRYAB, CRYBA1, CRYBA2, CRYBA4, CRYBB1, CRYBB2, CRYBB3, CRYGB, CRYGC, CRYGD, CRYGS, CTDP1, CYP27A1, DNMBP, DPAGT1, EPG5, EPHA2, EYA1, FAR1, FOXE3, FTL, FYCO1, GALK1, GALT, GCNT2, GEMIN4, GFER, GJA1, GJA3, GJA8, HMX1, HSF4, HYCC1, INPP5K, INTS1, JAM3, LEMD2, LIM2, LSS, MAF, MIP, MIR184, MSMO1, NACC1, NDP, NF2, NHS, OCRL, OPA3, P3H2, PAX6, PEX7, PITX3, PXDN, RAB3GAP1, RAB3GAP2, RECQL4, SC5D, SIL1, SIPA1L3, SLC16A12, SLC33A1, TDRD7, UNC45B, VIM, VSX2, WFS1, WRN, ZBTB20

Eine hereditäre Katarakt, d. h. eine partielle oder vollständige Eintrübung der Augenlinse ist im Gegensatz zu den senilen Katarakten angeboren oder manifestiert sich in der frühen Kindheit. Die infantilen Katarakte sind meist bilateral und in rund einem Drittel der Fälle treten sie in Zusammenhang mit einer Stoffwechsel- oder Systemerkrankung auf, etwa im Rahmen einer Galaktosämie, des Hyperferritinämie-Katarakt-Syndroms oder des Aymé-Gripp-Syndroms. Der Erbgang kann sowohl autosomal-dominant, autosomal-rezessiv als auch X-chromosomal sein. Bei hochgradiger Trübung sollten die Linsen zur Vermeidung einer Amblyopie 4-6 Wochen nach der Geburt entfernt werden. Bei entsprechender Versorgung mit Kunstlinsen und/oder Kontaktlinsen ist die Prognose als sehr gut zu bewerten. Differenzialdiagnostisch ist eine erworbene Katarakt abzugrenzen, die auf eine Virusinfektion der Mutter während der ersten drei Schwangerschaftsmonate zurückgeführt wird, beispielsweise mit Röteln oder Toxoplasmose. Für eine ausführlichere Beschreibung der infantilen Katarakte sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Lenhart und Lambert, 2022, PMID: 35307324.

Septo-optische Dysplasie (EYE22, 7 Gene)

FGF8, FGFR1, HESX1, OTX2, PAX6, SOX2, SOX3

Die septo-optische Dysplasie (SOD) ist eine angeborene Fehlbildung, die bei Kindern diagnostiziert wird, die mindestens zwei der folgenden Merkmale aufweisen: Hypoplasie der Sehnerven, Mittelliniendefekte des Gehirns und Unterfunktion der Hirnanhangdrüse. Die Symptome können in ihrem Schweregrad sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Etwa ein Viertel der Kinder zeigt aufgrund der Sehnervenhypoplasie innerhalb der ersten drei Lebensmonate einen Nystagmus, dem ein Strabismus folgen kann. Die Hypoplasie der Sehnerven kann einseitig oder beidseitig sein. Ein Mangel an Wachstumshormonen, der in einem Kleinwuchs resultiert, ist die am häufigsten beobachtete endokrine Anomalie. Die Hirnfehlbildungen in der Mittellinie können zu geistiger Behinderung und neurologischen Erscheinungen wie Krampfanfällen und Zerebralparese führen. In einigen Fällen treten zusätzliche Symptome auf, wie Diabetes insipidus, Schlafstörungen, Autismus, Pubertas praecox, Anosmie und Innenohrschwerhörigkeit. Während die Mehrzahl der SOD-Fälle sporadisch auftritt, sind auch familiäre Fälle mit autosomal-rezessivem und autosomal-dominantem Erbgang beschrieben worden. Für eine ausführlichere Beschreibung der septo-optischen Dysplasie sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Webb und Dattani, 2010, PMID: 19623216.

Glaukom (EYE23, 16 Gene)

COL18A1, CYP1B1, EFEMP1, FOXC1, FOXE3, LMX1B,LTBP2, MYOC, NTF4, OPTN, PAX6, PITX2, SLC4A4, TBK1, TEK, WDR36

Das Glaukom umfasst eine Gruppe von Augenerkrankungen, bei der es zu einer irreversiblen Schädigung von Nervenfasern des Sehnervs kommt. Im Verlauf der Erkrankung entstehen Gesichtsfeldausfälle, die im Extremfall zu einer Erblindung führen können. Den meisten Glaukomen, die sich erst im späten Erwachsenenalter manifestieren, liegt eine multifaktorielle Entstehung zugrunde. Zu den Hauptrisikofaktoren zählen ein höheres Lebensalter und ein erhöhter Augeninnendruck hervorgerufen durch einen gestörten Kammerwasserabfluss. Im Gegensatz zu den spät-adulten Formen haben die kongenitalen oder infantilen Glaukome oft eine monogene Ursache. Der Erbgang kann sowohl autosomal-dominant als auch autosomal-rezessiv sein. Ein kongenitales Glaukom kann primär durch eine isolierte Trabekulodysgenesie oder sekundär im Rahmen von Syndromen auftreten, etwa bei einer Aniridie oder dem Axenfeld-Rieger-Syndrom. Oftmals werden die kongenitalen Glaukome an den vergrößerten Augen der Säuglinge erkannt (Buphthalmus/Hydrophthalmus), da der erhöhte Augeninnendruck zu einer Dehnung des Augapfels führt. Weitere Symptome sind Epiphora, Blepharospasmus und Photophobie. Typisch sind auch Brüche in der Descemet-Membran der Hornhaut (Haab-Striae). Chirurgische Eingriffe zur Wiederherstellung des Kammerwasserabflusses können den Augeninnendruck wieder normalisieren. Für eine ausführlichere Beschreibung der kongenitalen und infantilen Glaukome sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Kumar et al., 2024, PMID: 38386645.

Hornhautdystrophien (EYE24, 27 Gene)

AGBL1, CHST6, COL17A1, COL8A2, CYP4V2, DCN, GLA, GRHL2, GSN, KRT12, KRT3, LCAT, MCOLN1, MIR184, OVOL2, PAX6, PIKFYVE, PRDM5, SLC4A11, TACSTD2, TCF4, TGFBI, TUBA3D, UBIAD1, VSX1, ZEB1, ZNF469

Bei den Hornhautdystrophien handelt es sich um eine Gruppe vorwiegend bilateraler, nicht entzündlicher, vererbter Erkrankungen der Hornhaut, die durch strukturelle Anomalien und eine Trübung der Hornhaut gekennzeichnet sind und die zu Astigmatismus und Sehverlust führen können. Die Dystrophien werden nach der Hornhautschicht eingeteilt, die sie betreffen: 1. epitheliale und subepitheliale Dystrophien (z. B. Franceschetti-Hornhautdystrophie), 2. epithelial-stromale TGFBI-Dystrophien (z. B. Thiel-Behnke-Hornhautdystrophie), 3. stromale Dystrophien (z. B. Schnyder-Hornhautdystrophie) und 4. endotheliale Dystrophien (z. B. Fuchs-Endothel-Hornhautdystrophie). Die meisten Hornhautdystrophien weisen eine autosomal-dominante Vererbungsform mit hoher Penetranz auf, während nur sehr wenige autosomal-rezessiv vererbt werden. Die Behandlungsmöglichkeiten reichen von befeuchtenden Augentropfen und Salben in leichten Fällen bis zu chirurgischen Eingriffen und Hornhauttransplantationen in schweren Fällen. Für eine ausführlichere Beschreibung der Hornhautdystrophien und insbesondere ihre Klassifizierung sei auf folgenden Artikel verwiesen: Weiss et al., 2024, PMID: 38359414.

Linsenluxation (EYE25, 7 Gene)

ADAMTSL4, ASPH, CPAMD8, FBN1, LTBP2, P3H2

Bei einer Linsenluxation erfolgt eine Verlagerung der Augenlinse in die vordere Augenkammer oder in den Glaskörperraum. Dies kann teilweise (Subluxation) oder vollständig geschehen. Bei einer traumatischen Linsenluxation wird die Linse durch Gewalteinwirkung verschoben oder von ihrer Aufhängung abgerissen. Spontanluxationen können bei hoher Kurzsichtigkeit oder bei fortgeschrittenem grauem Star auftreten. Erblich bedingte Linsenluxationen treten in der Regel beidseitig auf. Sie entstehen, weil die Zonulafasern zu schwach sind, um die Linse in Position zu halten. Das ist unter anderem der Fall beim Marfan-Syndrom, bei dem die Linsenluxation bei mehr als der Hälfte der Betroffenen auftritt und die oft der eigentliche Auslöser der Diagnosestellung ist. Ursächlich sind hier pathogene Varianten im FBN1-Gen, die einem autosomal-dominanten Erbgang folgen. Eine autosomal-rezessive Form der Linsenluxation wird durch Varianten im ADAMTSL4-Gen verursacht. Differentialdiagnostisch sollte an eine Homocystinurie sowie an das Stickler-, Knobloch-, oder Weill-Marchesani-Syndrom gedacht werden, bei denen eine Linsenluxation zur Symptomatik gehören kann. Für eine ausführlichere Beschreibung der erblichen Linsenluxation sei auf folgende Review-Artikel verwiesen: Dietz, aktualisiert 2022, PMID: 20301510, GeneReviews und Rødahl et al., aktualisiert 2020, PMID: 22338190, GeneReviews.

Infantiler Nystagmus (nicht-albinoid bedingt) und foveale Hypoplasie (EYE26, 10 Gene)

CACNA1A, CACNA1F, CNNM4, DAGLA, FRMD7, GPR143, PAX6, RIMS2, SETX, SLC38A8

Als infantiler Nystagmus wird jede unwillkürliche oszillatorische Augenbewegungsstörung bezeichnet, die in den ersten sechs Lebensmonaten auftritt und nicht mit Medikamenten oder anderen Ursachen eines erworbenen Nystagmus in Verbindung steht. Der infantile Nystagmus ist hauptsächlich horizontal, eventuell auch mit geringer vertikaler und/oder torsioneller Komponente. Er kann idiopathisch sein oder mit okulären, neurologischen und systemischen Erkrankungen einhergehen. Differentialdiagnostisch ist immer an eine Retinopathie zu denken, da Nystagmus ein häufiges Symptom kongenitaler oder infantiler retinaler Erkrankungen wie beispielsweise der Achromatopsie oder Leber´schen kongenitalen Amaurose ist. Der FRMD7-assoziierte Nystagmus wird X-chromosomal vererbt. Die Elektroretinographie ist unauffällig und die Sehschärfe ist in der Regel besser als 0,5. Eine abnorme Kopfhaltung ist bei etwa 15 % der Betroffenen zu beobachten. Die Penetranz ist vollständig bei männlichen Betroffenen, wohingegen sie bei weiblichen Betroffenen nur bei 50 % liegt. Der GPR143-assoziierte Nystagmus wird ebenfalls X-chromosomal vererbt. Anders als beim FRMD7-assoziierten Nystagmus können Betroffene hier eine Hypoplasie der Fovea, eine Hypopigmentierung der Retina sowie einen falschen Verlauf der Sehnerven am Chiasma aufweisen. Die Sehschärfe ist beim GPR143-assoziierten Nystagmus etwas geringer als beim FRMD7-assoziierten. Konduktorinnen sind in der Regel nicht betroffen, können aber in der mittleren bis peripheren Netzhaut eine fleckige Marmorierung oder Pigmentstreifen aufweisen (Pigment-Mosaizismus). Für eine ausführlichere Beschreibung des FRMD7-assoziierten Nystagmus sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Thomas et al., aktualisiert 2018, PMID: 20301748, GeneReviews. Ein Vergleich der klinischen Symptome von FRMD7– und GPR143-assoziiertem Nystagmus findet sich hier: Huang et al., 2024, PMID: 38648460.

Progressive externe Ophthalmoplegie (EYE27, 17 Gene)

DGUOK, DNA2, MGME1, MYF5, MYH2, OPA1, POLG, POLG2, RNASEH1, ROBO3, RRM2B, SLC25A4, SPG7, TK2, TOP3A, TWNK, TYMP

Die progressive externe Ophthalmoplegie (PEO) tritt meist erst im Erwachsenenalter auf und ist durch eine fortschreitende Schwäche der äußeren Augenmuskeln gekennzeichnet, die zu einer beidseitigen Ptose und einer diffusen Ophthalmoparese führt. Doppelbilder treten meist nicht auf, da die Ophthalmoparese fast symmetrisch ausgeprägt ist. Im Unterschied zu zentralen Blicklähmungen sind alle okulomotorischen Hirnstammfunktionen wie Sakkaden, Optokinetik und der vestibulookuläre Reflex intakt, jedoch wegen der starken Lähmungen verlangsamt. Häufiger als eine isolierte PEO treten Fälle mit zusätzlicher extraokulärer Symptomatik auf. Hier sind insbesondere eine oropharyngeale und Skelettmuskelbeteiligung zu nennen, die sich in einer Dysphagie und einer Belastungsintoleranz äußern. Weitere Symptome können periphere Neuropathie, Ataxie, Enzephalopathie, Epilepsie und sensorineuraler Hörverlust sein. Im Folgenden sind drei syndromale Formen des PEO beispielhaft aufgeführt: Das Kearns-Sayre-Syndrom ist durch die Trias aus PEO, pigmentärer Retinopathie und Beginn vor dem 20. Lebensjahr definiert. Betroffene weisen zusätzlich mindestens eines der folgenden Symptome auf: kompletter Herzblock, Liquorprotein von mehr als 100 mg/dL, zerebelläre Ataxie, Kleinwuchs, Schwerhörigkeit, Demenz und endokrine Anomalien. Die mitochondriale neurogastrointestinale Enzephalomyopathie (MNGIE) ist charakterisiert durch PEO, gastrointestinale Dysmotilität, Kachexie, periphere Neuropathie und Leukenzephalopathie, wohingegen die sensorisch-ataktische Neuropathie mit Dysarthrie und Ophthalmoparese (SANDO) neben einer PEO gekennzeichnet ist durch ein ataktisches Gangbild, sensible Defizite und eine Areflexie. Der Erbgang von isolierter sowie syndromaler PEO ist oft mitochondrial mit größeren Deletionen sowie Punktmutationen. Im Rahmen nukleärer Genveränderungen können aber auch autosomale Fälle (dominant oder rezessiv) auftreten. Die betroffenen nukleären Gene führen wiederum zu multiplen Deletionen der mitochondrialen DNA, da sie an der Reparatur, Replikation und dem Erhalt der mitochondrialen DNA bzw. der gesamten Mitochondrien beteiligt sind. Differentialdiagnostisch ist die PEO abzugrenzen von Myasthenie, Blicklähmungen, Okulomotoriusparese (N.III-Parese), Hirnstammläsionen, seniler Ptosis oder Fibrosesyndrom. Symptomatisch ist eine chirurgische Behandlung der Ptosis zu empfehlen, da durch den schlechten Lidschluss die Gefahr einer Austrocknung der Hornhaut besteht. Für eine detaillierte Beschreibung der progressiven externen Ophthalmoplegie sei auf folgenden Review-Artikel verwiesen: Hirano und Pitceathly, 2023, PMID: 36813323.

Kongenitale kraniale Dysinnervationssyndrome / Strabismus (EYE28, 14 Gene)

CHN1, ECEL1, HOXA1, HOXB1, KIF21A, MAFB, MYH10, PHOX2A, PLXND1, ROBO3, SALL4, TUBA1A, TUBB2B, TUBB3

Kongenitale kraniale Dysinnervationsstörungen (CCDDs) umfassen eine Reihe angeborener Schielsyndrome, welche durch eine nicht progrediente Beeinträchtigung der Okulomotorik mit oder ohne Ptosis gekennzeichnet sind. Ursache ist eine fehlerhafte Innervation der Muskeln aufgrund einer Fehlentwicklung der Kerngebiete der entsprechenden Hirnnerven im Hirnstamm und Pons. Bildgebende Verfahren ermöglichen durch die Beurteilung beteiligter Hirnnerven und Strukturen eine Zuordnung zu verschiedenen Untergruppen. Die häufigsten CCDDs sind das Duane-Retraktionssyndrom, das Möbius-Syndrom und die kongenitale extraokuläre Muskelfibrose. Das Duane-Retraktionssyndrom tritt in der Regel sporadisch auf und ist durch eine nicht progrediente horizontale Ophthalmoplegie ohne Ptosis gekennzeichnet. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Das Syndrom tritt in der Regel unilateral auf, wobei das linke Auge häufiger betroffen ist. Bilateralität kann ein Hinweis auf eine autosomal-dominante Vererbung sein. Das Möbius-Syndrom tritt bei beiden Geschlechtern gleichermaßen und meist sporadisch auf. Es ist durch eine Lähmung der Gesichtsmuskeln gekennzeichnet, die zu einem maskenhaften Aussehen des Gesichts führt. Der unvollständige Lippenschluss führt zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und zum Sabbern im Säuglingsalter. Weitere Begleiterscheinungen können Schwerhörigkeit, Sensibilitätsstörungen des Trigeminusnervs, Dysphagie, Dysphonie, und eine hypoplastische Zunge sein. Die kongenitale extraokuläre Muskelfibrose (CFEOM) ist eine schwere Form des Strabismus. Die vertikalen Augenbewegungen sind so stark eingeschränkt, dass die Augen der Patientinnen und Patienten oft in der Infraduktion verbleiben. Die Defizite in der horizontalen Augenbewegung können von einer vollständigen horizontalen Beweglichkeit bis hin zu einer fast vollständigen Ophthalmoplegie reichen. Ptosis ist ein häufiges, aber nicht immer vorhandenes Symptom. Im Gegensatz zum sporadischen Duane-Retraktions- oder Möbius-Syndrom wird das CFEOM in der Regel autosomal-dominant oder autosomal-rezessiv vererbt. Vor dem Versuch einer Einteilung in eines der CCDD-Syndrome sollte differentialdiagnostisch ein kongenitaler Schlaganfall oder eine Neoplasie ausgeschlossen werden. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind bei CCDDs angezeigt, um einer Amblyopie vorzubeugen oder sie ggf. zu behandeln, sowie wegen möglicher Komplikationen, die sich aus der Exposition der Hornhaut aufgrund eines unvollständigen Lidschlusses ergeben können. Für eine ausführlichere Beschreibung der kongenitalen kranialen Dysinnervationssyndrome sei auf folgende Review-Artikel verwiesen: Whitman et al., aktualisiert 2021, PMID: 20301522, GeneReviews und Berry et al., aktualisiert 2019, PMID: 20301369, GeneReviews.

Genverzeichnis — Panel für Augenerkrankungen

ABCA4, ABCB6, ABHD12, ACO2, ADAM9, ADAMTSL4, AFG3L2, AGBL1, AGBL5, AGK, AHI1, AIPL1, ALDH18A1, ALDH1A3, ALMS1, AMACR, ANTXR1, ARHGEF18, ARL2BP, ARL3, ARL6, ARPC4, ASPH, ATF6, ATOH7, ATP1A3, BBS1, BBS2, BCOR, BEST1, BFSP1, BFSP2, BMP4, C1QTNF5, CA4, CABP4, CACNA1A, CACNA1F, CACNA2D4, CAPN5, CC2D2A, CDH3, CDHR1, CEP250, CEP290, CEP78, CERKL, CFAP410, CFAP418, CFH, CHD7, CHM, CHMP4B, CHN1, CHST6, CISD2, CLEC3B, CLN3, CLPB, CLRN1, CNGA1, CNGA3, CNGB1, CNGB3, CNNM4, COL17A1, COL18A1, COL2A1, COL4A1, COL8A2, COQ8B, CPAMD8, CRB1, CRX, CRYAA, CRYAB, CRYBA1, CRYBA2, CRYBA4, CRYBB1, CRYBB2, CRYBB3, CRYGB, CRYGC, CRYGD, CRYGS, CTDP1, CTNNA1, CTNNB1, CWC27, CYP1B1, CYP27A1, CYP4V2, DAGLA, DCN, DGUOK, DHDDS, DHX38, DNA2, DNAJC30, DNM1L, DNMBP, DPAGT1, DRAM2, ECEL1, EFEMP1, ELOVL4, EMC1, EPG5, EPHA2, EYA1, EYS, FA2H, FAM161A, FAR1, FBN1, FDXR, FGF8, FGFR1, FLVCR1, FOXC1, FOXE3, FOXL2, FREM1, FREM2, FRMD7, FTL, FYCO1, FZD4, FZD5, GALK1, GALT, GCNT2, GDF3, GDF6, GEMIN4, GFER, GJA1, GJA3, GJA8, GLA, GNAT1, GNAT2, GNB3, GPR143, GPR179, GRHL2, GRK1, GRM6, GSN, GUCA1A, GUCA1B, GUCY2D, HCCS, HESX1, HGSNAT, HK1, HMX1, HOXA1, HOXB1, HSF4, HYCC1, IDH3A, IDH3B, IFT140, IFT172, IMPDH1, IMPG1, IMPG2, INPP5E, INPP5K, INTS1, IQCB1, IRX1, JAG1, JAM3, KCNJ13, KCNV2, KIAA1549, KIF11, KIF21A, KIF3B, KIZ, KLC2, KLHL7, KRT12, KRT3, LCA5, LCAT, LEMD2, LIM2, LMX1B, LRAT, LRIT3, LRP5, LSS, LTBP2, MAB21L2, MAF, MAFB, MAK, MCAT, MCOLN1, MECR, MERTK, MFN2, MFRP, MFSD8, MGME1, MIEF1, MIP, MIR184, MSMO1, MT-ND1, MT-ND4, MT-ND6, MTRFR, MVK, MYF5, MYH10, MYH2, MYOC, MYRF, NAA10, NACC1, NDP, NDUFA12, NDUFS2, NEUROD1, NF2, NHS, NMNAT1, NR2E3, NR2F1, NRL, NTF4, NYX, OAT, OCRL, OFD1, OPA1, OPA3, OPTN, OTX2, OVOL2, P3H2, PAX2, PAX6, PCARE, PCDH15, PDE6A, PDE6B, PDE6C, PDE6G, PDE6H, PEX7, PHOX2A, PIGL, PIKFYVE, PITPNM3, PITX2, PITX3, PLA2G5, PLXND1, POC1B, POLG, POLG2, POMGNT1, PRCD, PRDM13, PRDM5, PROM1, PRPF3, PRPF31, PRPF4, PRPF6, PRPF8, PRPH2, PRR12, PRSS56, PXDN, RAB28, RAB3GAP1, RAB3GAP2, RARB, RAX, RAX2, RBP3, RBP4, RCBTB1, RD3, RDH11, RDH12, RDH5, RECQL4, REEP6, RGR, RGS9, RGS9BP, RHO, RIMS1, RIMS2, RLBP1, RNASEH1, ROBO3, RP1, RP1L1, RP2, RPE65, RPGR, RPGRIP1, RRM2B, RS1, RTN4IP1, SAG, SALL4, SAMD7, SC5D, SCAPER, SEMA4A, SETX, SHH, SIL1, SIPA1L3, SIX6, SLC16A12, SLC24A1, SLC25A4, SLC25A46, SLC33A1, SLC37A3, SLC38A8, SLC4A11, SLC4A4, SLC4A7, SLC52A2, SLC7A14, SMOC1, SNF8, SNRNP200, SNX31, SOX2, SOX3, SPATA7, SPG7, SSBP1, STRA6, TACSTD2, TBC1D32, TBK1, TCF4, TDRD7, TEAD1, TEK, TENM3, TGFBI, TIMM8A, TIMP3, TK2, TLCD3B, TMEM126A, TMEM98, TOP3A, TOPORS, TRNT1, TRPM1, TSPAN12, TTC8, TTLL5, TUB, TUBA1A, TUBA3D, TUBB2B, TUBB3, TULP1, TWNK, TYMP, UBAP1L, UBIAD1, UCHL1, UNC119, UNC45B, USH2A, USP45, VAX1, VCAN, VIM, VPS13B, VSX1, VSX2, WDR19, WDR36, WFS1, WRN, YAP1, ZBTB20, ZEB1, ZNF408, ZNF469, ZNF513

Zusatzleistungen

HLA-Typisierung (HLA01)

HLA Allel-Status (HLA Klasse I (Gene A, B, C) und HLA Klasse II (Gene DPA1, DPB1, DQA1, DQB1, DRB1, DRB3, DRB4, DRB5))

ACMG-Gene

In seltenen Fällen können genetische Veränderungen nachgewiesen werden, die nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag stehen (sog. Zusatzbefunde). Das Berichten solcher Zusatzbefunde beschränkt sich auf pathogene Veränderungen (ACMG Klassen 4 und 5) in ausgewählten Genen, für die eine Behandlungskonsequenz für die Patientin/den Patient oder die Familie besteht (orientiert an den aktuell gültigen Richtlinien des American College of Medical Genetics and Genomics).

Weitere Details zu den ACMG Genen und assoziierten Erkrankungen

Pharmakogenetik (PGX)

Die Pharmakogenetische Analyse detektiert genetische Veränderungen, die die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen. Betreffen genetische Varianten Proteine, die für die Verstoffwechslung von Substanzen zuständig sind, kann deren Verträglichkeit und Wirksamkeit stark verändert sein. Zu diesen Arzneistoffen zählen unter anderem Antidepressiva, Schmerzmittel, Neuroleptika, Chemotherapeutika, AIDS-Medikamente, Thrombosemedikamente, Anästhetika, Betablocker oder Statine.

Die verringerte Aktivität eines spezifischen Enzyms kann bei der Standarddosierung zu einem erhöhten Medikamentenspiegel führen, der nicht selten mit unerwünschten Nebenwirkungen einhergeht. Bei Medikamenten, die erst durch die Verstoffwechslung aktiviert werden, kann der therapeutische Effekt ganz ausbleiben. Ebenso führt eine erhöhte Enzymaktivität, aufgrund der daraus resultierenden erhöhten Abbaugeschwindigkeit des Arzneistoffes, zu einer unzureichenden Wirksamkeit der Therapie.

Bei der Option „Pharmakogenetik“ werden bekannte Varianten in 21 Genen analysiert, die an der Verstoffwechselung von Arzneimitteln beteiligt sind. Bei Vorkommen bestimmter Genvarianten kann der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin die Therapie individuell anpassen. Mithilfe der pharmakogenetischen Analyse können gravierende Nebenwirkungen minimiert sowie ein Versagen der Therapie vermieden werden.

Details zu den Pharmakogenetik Genen und weitere Informationen

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Beispielbefund EPI

*) Der Beispielbefund Epilepsie und Hirnentwicklungsstörungen stellt exemplarisch dar, wie ein Befund aufgebaut ist.

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